wo Menschen nicht w4ren vor Kälte gefeyt.
Es heißt, es w4r ein D4ymon immer d4r,
seyn eisiger 4tem die größte Gef4hr.
Er trug eine Krone auf seynem H4upte,
er musste ein Gott seyn, w4r d4s was man gl4ubte.
Das Schmuckstück aus Eis w4r die Quelle der M4cht,
sie war der Ursprung der düsteren N4cht.
Bis sie verschw4nd und die Sonne gew4nn,
der eynstige D4ymon w4r nur noch ein M4nn.
Doch eynes T4ges, so s4gt die Legende,
wird sie f4llen in die richtigen Hände.
Und wenn der neue Gott erw4cht,
soll sie über uns kommen, die Immer-Winter-N4cht.
Xarr strich mit seinen langen, feingliedrigen Fingern über die Worte der Abschrift, die er hatte von einem Schreiber anfertigen lassen. Es war in Ittkin gewesen, wo er das erste Mal von der Legende der Immer-Winter-Nacht erfahren hatte. Ein alter, aufdringlicher Mann, ein Scharlatan so wie er vorerst glaubte, hatte ihn in sein Zelt locken können. Er wollte ihm die Zukunft weissagen und der Eisdämon war nur aus purer Neugier darauf eingegangen. Der Alte hatte die Hand nach der Seinen ausgestreckt und war kaum merklich zusammen gezuckt, als er seine Kälte zu spüren bekam. Die feinen Härchen auf seinem Unterarm hatten sich aufgestellt und seine Augen waren weit aufgerissen. "Du...", hatte er geflüstert. "Du bist es wirklich, nicht wahr?", fügte er voller Ehrfurcht hinzu. Xarr wusste nicht wovon er sprach und doch schaffte der Wahrsager es, ihn in seinen Bann zu ziehen. Plötzlich veränderte sich die Stimme des Mannes und er begann in einer uralten Sprache, deren Tongebung der eines Liedes gar nicht so unähnlich war, auf ihn einzureden. Und er? Er hatte natülich kein Wort verstanden. Die Situation bereitete ihm selbst jetzt noch Unbehagen, wenn er daran zurück dachte. Als der Alte letzten Endes wieder zu seiner eigenen Sprache zurück gefunden hatte, konnte er sich selbst nicht mehr daran erinnern, was in den letzten Augenblicken geschehen war. Es waren nur drei Worte, die sich in sein Gedächtnis gebrannt hatten: IMMER-WINTER-NACHT. Er begann am ganzen Leib zu zittern und wiederholte hysterisch immer wieder die selben drei Worte, während seine Finger sich tief in die blasse Haut des Eisdämons gruben. Mit einem Ruck wollte sich Xarrbraxas aus seinem Griff befreien, doch er hatte gar nicht recht bemerkt, wie die Magie in seinem Blut zu pulsieren begonnen hatte. In dem kleinen Zelt wurde es auf einmal immer kälter und Raureif bildete sich an den Leinenwänden. Es kostete Xarr beinahe seine ganze Willenskraft nicht vollends die Beherrschung zu verlieren. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Dann riss er sich ohne Rücksicht auf Verluste von der von Kälte verbrannten Hand des Mannes los und verließ so schnell ihn seine Beine trugen den unheilvollen Ort des Geschehens.
Dieses Ereignis war nun schon einige Monde her und doch hatte er die Gedanken daran nicht abschütteln können. Und so war er erneut seiner Neugier erlegen und hatte damit begonnen Nachforschungen anzustellen. Letzten Endes hatte er einen Gelehrten auftreiben können, der wertvolle Schriftrollen von alten Legenden sammelte. Und tatsächlich hatte er eine uralte Schrift in seinem Besitz, die von der Immer-Winter-Nacht berichtete. Einmal mehr bereute der Eisdämon es, dass er nie die Muße besessen hatte lesen zu lernen. Er ließ sich den Text also einige Male vorlesen und versuchte den genauen Wortlaut im Gedächtnis zu behalten. Dennoch erachtete der Gelehrte es für sinnbehaftet, dass Xarr sich eine Abschrift des Textes anfertigen lassen solle. Selbstverständlich ließ er sich diese kleine Gefälligkeit großherzig bezahlen, aber dem Eisdämon lag noch nie viel an weltlichen Gütern. Sie wurden sich also schnell einig und mit einer Beschreibung des Ortes, wo der Mann die Schriftrolle gefunden hatte, verließ er dessen Haus und folgte dem Aras nach Agheveer. Der Handelsposten der Menschen und Elfen übte auf den Eisdämon eine magische Anziehungskraft aus. Er liebte Orte an denen viele unterschiedliche Geschöpfe aufeinander trafen und dieser Ort schien wie geschaffen dafür zu sein, noch ein letztes Mal Zerstreuung zu suchen, bevor er sich in den Wald von Sieryan begab. "Noch ein Becher Wein, holde Maid...", gab er seine Bestellung bei der charmanten Bedienung auf. Eine junge Elfe, wunderbar anzusehen. Beinahe lief ihm das Wasser im Munde zusammen, wenn er nur daran dachte, was er mit diesem bezaubernden Geschöpf alles würde anstellen können. Leider schien der Wirt, der wohl der Vater des Mädchens war, ein Auge auf ihn haben. Er mussterte ihn unverhohlen und mit böser Miene. Er würde sich wohl etwas einfallen lassen müssen, um mit der Elfe einige Zeit in Zweisamkeit verbringen zu können. Lächelnd nahm er zur Kenntnis, dass sein Weinbecher bereits aufgefüllt wurde. Er schlang aus einem Impuls heraus seinen Arm um die schmale Taille der Bedienung und zog sie auf seinen Schoß. In den Augen des Wirtes glomm wilde Wut auf und das Spiel hatte begonnen.