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von Aenaeris » Sa, 09. Jun 2018 22:30
“Das ist schon was, hm?” grinste Aen selbstgefällig, als sie die erwartete Reaktion Caradans verfolgte. “Aber wahrlich kein Hexenwerk, sondern nur Wissenschaft… gezähmte Naturgewalt, wenn man es so nennen kann… und Fortschritt. Silvar hatte dieses Ding erfunden, und als Spione davon erfuhren, entbrannte eine reger Interessenkonflikt zwischen Arcanis und Merindar, beide wollten das Feuerrohr für sich. Natürlich, was glaubst du, wie Kriege sein würden, wenn eine ganze Armee mit solchen Waffen ausgestattet würde? Daher muss man unbedingt auf der Hut sein, denn Silvar und ich werden gesucht deswegen.” Diese Erzählung erinnerte die junge Frau daran, dass sie nur allzu oft völlig unbedacht und grob fahrlässig handelte, wenn sie davon Gebrauch machte. “Daher sollte ich es eigentlich nur in absoluten Notfällen benutzen. Und wer weiß schon, ob es nicht längst ein aufgezeichnetes Netz davon gibt wann und wo das Ding seine tödlichen und zerstörerischen Spuren hinterlassen hat. Mich würde es sogar wundern, wenn es nicht so wäre.”
Nachdem Caradan das Feuerrohr getestet hatte, hustete er: “Hats funktioniert? “ Aen wartete bis der Rauch sich aufgelöst hatte. “Verdammter Rauch. An den werde ich mich nie gewöhnen, auch wenn er durchaus seine Vorteile hat. Und klar hats funktioniert!” Sie spähte in jene Richtung, von welcher sie glaubte dass der Schuss sich dort ein Ziel gesucht hatte. “Aber naja… üben solltest du schon noch ein wenig.” „Wenn du über so eine Macht verfügst, wieso willst dann noch dieses Andor-Amulett?” “Ardor, verdammt!” zischte die Arcanierin dem Strauchdieb zu. “Wann merkst du es dir endlich einmal? Das ist doch wirklich nicht so schwer!” Dann zuckte sie die Schultern auf seine Frage hin. “Ich weiß es nicht. Ich will es einfach. Ich muss es einfach haben. Seit ich weiß, dass ich diesen Funken Magie in mir trage, habe ich mir nichts mehr gewünscht, als diesen Funken zu einem Feuer zu entfachen. Doch es hat nie wirklich hingehauen. Dann habe ich von diesem Amulett erfahren. Es gibt vier davon. Erde, Feuer, Wasser und Luft. Aber natürlich nutzen mir die anderen nichts, ich brauche nur Ardor.”
Sie folgte Caradan, der zu den Büschen stapfte, um zu sehen welche Zerstörung das Feuerrohr angerichtet hatte. Und tatsächlich, nach kurzem Umsehen zog er ein Tier aus dem Unterholz dem der Kopf fehlte. Wahrscheinlich hatte das Tier nicht gelitten, trotzdem dauerte es die Arcanierin. “Besser als Zwieback oder?” Abwehrend hob sie die Hand. “Geh weg! Ich esse lieber Gras bevor ich das da esse! Kannst es dir ja zubereiten und essen” fügte sie angewidert hinzu. Doch letztendlich war sie es gewesen, die dem Tier die Haut abgezogen, es auf einen Ast gespießt und über ein kleines bereitetes Lagerfeuer gesteckt hatte. Eine Fertigkeit, die sie von Thero gelernt hatte. Während Caradan das Ding verspeiste, und das mit nicht geringer Lust, starrte die Arcanierin, im Gras liegend, in den dämmrigen Abendhimmel. Er legte sich neben sie und begann nach einer Weile “Weißt du, ich weiß das zu schätzen. Das du mir gesagt hast, was es damit auf sich hat.Ehrlich. Ich wollte dich nicht dazu drängen und deshalb… Danke für dein Vertrauen.“ Sie spürte wie sich seine Hand auf die ihre legte. “In Shuridron erholen wir uns erst mal.“ Shuridron? Aen fuhr hoch “Nicht nach Shuridron. Ich setze keinen Fuß in diese Stadt.” “Und wieso nicht?” fragte er, sichtlich konsterniert. “Das geht dich einen Scheiß an…” antwortete sie unfreundlich. Caradans Hand verließ die ihre, dann drehte er sich zur Seite und murrte “Wie du willst.” Er war beleidigt, ja, aber das war der Arcanierin in diesem Moment egal. Außerdem, wenn er die Klappe hielt, konnte sie besser nachdenken. Und das tat sie stets, wenn sie den Namen dieses Handelspostens vernahm. Dann holte sie stets die Vergangenheit ein, auf schmerzliche Art und Weise. Schlimm genug, dass sie mit Silvar in Shuridron war und dieser Wirt im “erlegten Werwolf” sie erkannt hatte… Nicht noch einmal würde sie dieses Gasthaus oder gar diese Stadt betreten, und dieser Umstand war nicht der einzige Grund…
Am nächsten Tag war Aen immer noch schlecht gelaunt deswegen. Auch, weil Caradan sich ihrer Meinung nach derart kindisch verhalten hatte. Warum musste man immer Gründe angeben? Warum konnte er es nicht einfach akzeptieren, anstatt deswegen solch ein Fass aufzumachen? Die Sonne hatte sich schon seit geraumer Zeit hinter dicken dunklen Wolken versteckt und die Luft war beinahe so dick daß man sie mit einem Messer hätte schneiden können. Sie hatte Kopfschmerzen, weil sie schlecht geschlafen hatte, und gefühlte Stunden der Glut beim verlöschen zugesehen hatte. Erst, als die letzte glühende Kohle verglommen war, hatte sie sich hingelegt und war dann schließlich vom Schlaf übermannt worden. Auch diese drückende Schwüle ließ in ihr das Gefühl aufkommen, dass ihr Kopf bald zu zerplatzen drohte. Und nicht zuletzt hatte sie die letzten Tage kein Starrkraut geraucht, was dem Umstand geschuldet war dass es einfach zu gefährlich war wenn man in der freien Wildnis nicht alle seine Sinne beisammen hatte. Der Entzug machte sie gereizt, nervös, ungnädig und einfach nur unerträglich. Vielleicht war es ungerecht, Caradan so zu behandeln, aber sie sagte sich, wenn er ein wahrer Freund wäre und sie so mochte , wie sie nun einmal war, dann würde er ihre Launen ertragen. Und wenn nicht, dann sollte jeder von ihnen seiner Wege gehen. Die Arcanierin kannte diese Wehe die sie beritten, recht gut. Sie war tatsächlich schon oft daran vorbei gekommen. Jetzt mindestens zum sechsten Mal. Sie kannte jeden markanten Punkt hier. Den knorrigen Baum, der Winter wie auch im Sommer kahl seine Äste gen Himmel reckte. Der Weiher der direkt an der Straße lag, die drei runden Büsche, die den ganzen Sommer in rosaroten Blütenkleid dastanden und deren Blüten trotz ihres lieblichen Aussehens ganz eigenartig stanken… Ja, es mochten noch etwa zwei Meilen bis Shuridron sein, und mit jedem Schritt, den ihr Pferd tat, wurde sie unruhiger und nervöser. Die Nervosität fiel erst von ihr an, als sie den Handelsposten weit hinter sich gelassen hatten, aber dann öffnete der dunkelgraue Himmel mit einem Mal seine Schleusen und ein gewaltiger Regenguss ging hernieder begleitet von Donner der einem durch Mark und Bein ging und Blitzen, die die dunkel verhüllte Welt mehr als Taghell machten. Nein, das war mit Sicherheit eines der schwersten Unwetter die sie je erlebt hatte. Aber da ritten sie nun, lange an Shuridron vorbei, und mussten damit zurecht kommen. Ausserdem, so sagte sie sich, ein Unwetter dieses Ausmaßes würde schnell vorbei sein. Der Regen der ihre Kleidung trotz Wollumhang regelrecht durchtränkte, würde so schnell versiegen, wie er gekommen war. Doch da täuschte sich Aenaeris gewaltig. Sie hatten noch keine drei Meilen Shuridron hinter sich gelassen, da hatte sie das Gefühl, dass ihre triefend nassen Kleider sie vom Pferd ziehen würden. Und auch ihr Pferd begann im aufgeweichten Boden bald knöcheltief im Schlamm versinken und es gab sehr deutlich zu verstehen dass es bald streiken würde und sich keinen Schritt mehr weiter bewegen wollte. “Aen!” drang Caradans Rufen an ihr Ohr, doch sie wusste, was er wollte, und tat daher so, als würde sie ihn nicht hören, was bei dem Gewitter auch nicht weiter verwunderlich wäre. Doch davon ließ er sich nicht beirren und brüllte diesmal laut und deutlich, während sie ihr Pferd weiter unbarmherzig durch die aufgeweichte Flur antrieb. “Aen!” brüllte er. “Lass uns umkehren!” Nein… nein… nein… es gab kein Umkehren. Nicht, wenn das bedeutete, nach Shuridron zurück zu reiten. “Bitte! Nur eine Nacht. Nur eine verfickte Nacht!” Jetzt tat er ihr leid. Sie zögerte, brachte ihr Pferd zum stehen und wandte den Kopf zu ihm. Jetzt peitschte der Wind ihr den Regen ins Gesicht. “In Ordnung. Eine Nacht. Aber verfickt wird sie nicht sein, denn gefickt wird nicht... sicher nicht…!” nuschelte sie sie ihm zu, und strich sich den Regen aus dem Gesicht, ein wahrlich sinnloses Unterfangen. Sie trat dem Pferd in die Flanken, um das störrische Tier dazu zu bringen, den Weg zurück anzutreten. Das Pferd tat einen erschrockenen Sprung nach vorne, gehorchte dann aber seiner Reiterin und preschte durch die aufgeweichte Flur, dass der Dreck nur so aufspritzte. Nach einer Weile erreichten sie die ersten vereinzelten Hütten Shuridrons, die sich bald zu einer Häuserreihe verdichteten und so bereits die Hauptstraße bildeten. Trotz des dichten Regens kamen ihr die Häuser so vertraut vor. Da drüben waren die Stallungen, und dort brachten sie ihre Pferde in die Obhut eines miesepetrigen Stallburschen, der dreinblickte wie drei Tage Regenwetter. Die Straßen waren menschenleern, jedermann tummelte sich in seiner Behausung oder war in eine der zahlreichen Schenken geflüchtet. Damals, mit Thero, hatte sie selbstverständlich die beste Schenke der Stadt aufgesucht, doch heutzutage kam das nicht mehr in Frage. Es kam ihr vor wie gestern, als sie mit Silvar vor dieser Schenke gestanden hatte und er mit ihr geschimpft hatte, weil er sich vor der Schenke den Arsch abgefroren hatte, während er darauf gewartet hatte dass sie die Schenke betreten würde. Doch seitdem waren einige Monde vergangen, und diesmal würde sie ihren Dickschädel durchsetzen. Ohne auch nur aufzublicken stapfte sie daran vorbei, während sie bis zu den Knöcheln mit den Stiefeln im Schlamm und Dreck versank. Ihr Kleidersaum selbst hatte sich mit Schlamm vollgesogen und Aens einzige Sorge in diesem Moment war, ob sie das wieder sauber bekam.
Sie kämpften sich weiter durch die unbefestigte aufgeweichte Straße, bis Aen relativ weit am Ende der Hauptstraße eine kleine, zwielichtige Schenke ausmachte. Da würden sie hinein gehen. Und das taten sie auch. Die Schenke hielt ihr Versprechen, das schon das Äußere, wie auch der Name “zum erhängten Strauchdieb” verriet. Einige zwielichtige, ungewaschene und stinkende Männer saßen an Tischen, tranken Bier, blickten auf, als sie beiden das Drecksloch betraten, doch da sie ebenso schmutzig, voll von Schlamm und ungewaschen aussahen, wandten sich die Halunken schließlich wieder ihrem Tun zu und nahmen weiters keine Notiz mehr von den beiden. Die nassen Kleider klebten der Arcanierin an ihrem Körper, und ein kalter Luftzug, der durch die Ritzen der Schenke fuhren, trieben Aen sogleich auf die Bank die neben der Feuerstelle stand und wo sie sich Aufwärmung erhoffte, die sie dort auch fand. Caradan einstweilen sprach mit dem Wirt, und kam nach einer Weile mit zwei Becher zurück und hockte sich auf die Bank neben Aen. Aen nahm den Becher und hielt ihn mit zwei Händen, als ob sie sich die Hände wärmen wollte, obgleich der Inhalt des Bechers in keiner Weise warm war. “Eine Nacht. Eine Nacht, dann verpissen wir uns wieder.“ “Ja doch, ich habs schon beim ersten Mal kapiert. Wir bleiben eine Nacht und dann, im Morgengrauen, verpissen wir uns und reiten weiter” sagte Aen, die vor Mittag sonst nicht aus den Federn kam. Verwundert blickte die Arcanierin auf, als eine weitere Gestalt die Schenke betrat. Verwundert, weil sie nicht erwartet hatte, dass noch jemand sich in diesem Unwetter umher trieb und erst jetzt seinen Weg in die Taverne gefunden hatte. Er wirkte fremdländisch mit seiner Kleidung, was in erster Linie an dem Schal lag, mit welchen er seinen Kopf und auch sein Gesicht umwickelt hatte. Vielleicht war er einer dieser Wüstenmenschen, der Beraij. Er ging zielstrebig auf einen Tisch zu und setzte sich dazu, und in der nächsten Sekunde war Aens Aufmerksamkeit abgeebbt und haftete sich wieder auf den Becher, dessen Inhalt sich als Weinbrand entpuppt hatte. Er wärmte die Eingeweide der Arcanierin und sie trank einen Schluck davon während sie sich gelangweilt im Schankraum umsah. Alles Schnarchnasen hier. Für heute hatte sie wirklich genug. Es war Zeit, aus den nassen Kleidern zu kommen. Ihre Laune war immer noch nicht die Beste, sie hatte sich da jetzt hineingesteigert, und konnte nicht von einer Sekunde auf die andere auf gute Laune umschalten. Trotzdem erhob sie sich, legte ihm die Hand auf die Schulter und meinte “Caradan, komm, wir gehen nach oben. Lass uns ficken, hm…?” Ein Grinsen umspielte ihre Lippen, und im nächsten Moment scharrte ein Tisch ziemlich aufsehenerregend laut über die Holzdielen. “Und am besten gleich hier und jetzt!” schrie ein Hänfling an dem Tisch, an den der Fremde vor wenigen Augenblicken erst gekommen war. "Neee... nicht hier und jetzt" lachte Aen zu Caradan. "Aber oben und gleich..." Ihre Hand versank zwischen seinen Beinen. Ein erneutes Scharren bezeugte, dass der Tisch wieder zurück an seinen ursprünglichen Platz geschoben worden war, und diese Geräusche ließen ein ziemlich angespanntes Murmeln zwischen den übrigen Schenkengästen laut werden. Aen zog ihre Hand wieder zurück. “Gleich gibts eine Schlägerei…” murmelte die Arcanierin und ließ sich wieder auf der Bank nieder, um das zu erwartende direkt aus der ersten Reihe zu beobachten. Und wirklich, einer der Männer der auf einem der Stühle saß, fiel mitsamt dem Stuhl um, doch nicht, weil er so besoffen war, sondern weil der Fremde dem Stuhl einen gehörigen Tritt verpasst hatte. Aen strich ihre nassen Röcke glatt und setzte eine interessierte Miene auf. Nur wenige Wimpernschläge später war die schönste Wirtshausschlägerei im Gange, und es war jetzt schon offensichtlich, wer als Gewinner aussteigen würde. “Der macht die alle fertig, sag ich dir, so besoffen wie die alle schon sind” grinste Aen Caradan zu. Sie bedauerte, dass sie den Weinbrand vorzeitig hinuntergestürzt hatte, denn ein schönes Bier, ein Becher Wein oder Schnaps war jetzt das einzige das zu ihrer Unterhaltung noch fehlte. Aber jetzt an den Ausschank zu gehen um Nachschub zu holen, war nicht die allerbeste Idee. Es konnte immer passieren, dass man versehentlich einen Faustschlag kassierte oder gar den zurückprallenden Kopf eines Geschlagenen aufs Maul bekam. Und das war sehr schmerzhaft. So bebachtete sie von der Bank den Kampf einer gegen alle, der sich von sehr bald zugunsten des Einzelkämpfers entschied. Zu guter Letzt stieß er einem der Männer ein Messer in die Hand, was den Kerl an den Tisch nagelte und ihn gellend aufschreien ließ. Als der noch einen Faustschlag kassierte, weitete die Arcanierin ihre Augen “Uuh! Hast du das gesehen? Ich kann gar nicht hinsehen…” wisperte sie. Und ihre Gedanken begannen zu rattern. Nach einer Weile, während der Fremde das Gesicht des Jüngsten der Truppe mit einem zerbrochenen Bierkrug bearbeitete, wandte Aen den Blick ab. “Mir wird gleich schlecht…” gestand sie. “Aber, so einen könnten wir gebrauchen! Der ist eine wandelnde Waffe, da brauch ich mein Feuerrohr überhaupt nicht mehr zu benutzen! Was meinst du, soll ich ihn ansprechen?” Caradan lächelte. Dünn, aber er lächelte. “Als ob ich dich umstimmen könnte…” sagte dieser. Aen hielt den Kopf schief während sie weiter überlegte. “Er wird ja wohl nicht auf mich losgehen… hm? Was meinst du? Würde er? Glaubst du?” Aen blieb noch einen kurzen Moment sitzen, in dem sie ihre Möglichkeiten, ganz unabhängig von Caradans Meinung abwog. Der Wirt war weiß wie eine gekalkte Wand geworden, und auch ihm war anzusehen, dass er abwog, was das Klügste wäre, jetzt tun zzu können. Man konnte ihm im Gesicht ablesen, dass es nicht war, den Kerl aus der Schenke zu werfen, sondern lieber gute Miene zum bösen Spiel zu machen. “Legt die Schweine einfach in den Stall und jemand sag’ einem Heiler Bescheid!” Während ein Stallbursche sich an die Arbeit machte, kam die Wirtsfrau angewatschelt und begann ihren Mann anzukeifen. “Hast du dein letztes bisschen Verstand verloren? Wer bezahlt denn den Heiler? Wir ganz sicherlich nicht! Das kostet doch ein Vermögen! Und am Ende verpfeift er uns an die Wachen. Neee! Mit sowas will ich gar nichts zu tun haben, Mann! Die sollen schauen wo sie bleiben!” Und damit stemmte die die Hände in ihre wuchtigen Hüften und rief die Schankmagd, die sich eifrig in den Regen gestürzt hatte um nach einem Heiler zu schicken, wieder zurück. “Ja, Eoras, schaff sie meinetwegen in den Schuppen. Aber kein Heiler! Verstanden?” Danach trottete sie wieder in die Küche.
Der Fremde hatte sich einstweilen in aller Seelenruhe Speis und Trank bestellt, und Aen erhob sich und schlenderte an den Tisch. Ungefragt zog sie sich einen Stuhl heran und ließ sich darauf nieder. “Darf ich?” setzte sie ein Lächeln auf. “Ich störe auch nicht lange. Also, es ließ sich nicht vermeiden, Zuschauer dieser kleinen Auseinandersetzung zu werden” grinste sie. Der Wirt trat an den Tisch und stellte das bestellte Bier vor den Mann. “Darfs auch noch was sein, Frollein?” erkundigte er sich. “Für mich dasselbe. Aber nur Bier, keine Mahlzeit…” Der Wirt nickte und trat dann den Weg zum Ausschank zurück und Aen, die ihm kurz nachgeblickt hatte, haftete ihre Augen wieder auf ihr Gegenüber. “Normalerweise ist es nicht meine Art, einfach Fremde anzusprechen. Aber naja… das war schon eine ziemlich beeindruckende Darstellung. Wenn du nicht schon ein Bier vor dir stehen hättest, hätte ich dir jetzt eines ausgegeben.” Sie musterte den Mann vor sich. Aus dem Schal, welcher das linke Auge verdeckte, lugte eine beachtliche und sehr auffallende Narbe, die davon zeugte, dass er an solchen Veranstaltungen wie heute Abend schon öfters mitgewirkt hatte, jedoch nicht immer auf der Gewinnerseite gestanden hatte. Die Gesichtszüge waren scharf geschnitten und das sichtbare Auge hatte eine intensiv graue Farbe. Auch die Nase war sichtlich mehrmals gebrochen gewesen, verunstaltete sein Gesicht, oder zumindest das, was man davon sehen konnte nicht, sondern verlieh ihm etwas Interessantes. Sein ins Gesicht hängender Schal irritierte die Arcanierin ein wenig. Da kam der Wirt und brachte Aens Bier, doch sie beachtete den Dicken nicht weiter, sondern musterte ihr Gegenüber weiter. Schließlich deutete sie mit dem Zeigefinger auf das Tuch. “Sag, stört das Teil nicht? Also mich würde das total nerven. Aber wo sind denn meine Manieren geblieben? Die müssen irgendwann verloren gegangen sein… Ich bin Aenaeris… und da hinten, das ist mein Begleiter Caradan… Und du bist…?” fragte sie und streckte ihm die Hand entgegen.
"Ihre Natur ist Feuer und Blut..."