Beitrag
von Aenaeris » Mi, 16. Jan 2019 12:05
Die Schenkentüre öffnete sich und eine Gruppe Reisender betrat die Schankstube, schüttelte sich vor Kälte, und nahmen dann laut gestikulierend und schwatzend an einem der Tische Platz. Nach einer Weile diskutierten sie ebenso laut und gestikulierend mit dem Wirten über eine Unterkunft für die Nacht, sowie über eine Mahlzeit. Die Arcanierin verschränkte ob des kalten Hauchs, der für einen Moment die beheizte Stube erfüllte, die Arme, doch sie würdigte den Neuankömmlingen keines Blickes, sondern sah Caradan weiterhin abwartend an. Nach einer beträchtlichen Schweigepause hob er an “Es ist das erste Mal, dass ich diese drei Worte zu jemandem gesagt habe.”, was der Arcanierin eine überraschte Miene ins Gesicht zauberte. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet, und sie fragte sich im Stillen, ob er durchaus schon für eine Frau solche Gefühle gehegt und es nur nicht ausgesprochen hatte, oder ob dies überhaupt noch nie der Fall gewesen war. Aen lächelte ihn an, auch, wenn ihr gar nicht nach Lächeln zumute war. Es war eine absolute Ehre. Eine Ehre, die sie sehr wahrscheinlich nicht verdient hatte, die ihr jedoch trotzdem zuteil wurde. Wie konnte er sie nur lieben? Wie hatte Thero sie lieben können, wie war es Silvar möglich gewesen? Sie, diese zerstörerische, selbstverliebte, egoistische und schwierige Frau? hatte sie überhaupt gute Eigenschaften? Wenn ja, so vielen ihr ad hoc keine ein. Welches waren die Eigenschaften, die sie trotz allen schlechten liebenswert zu machen schienen? Dennoch war dieses Geständnis überwältigend. Sie wünschte sich, sie könnte das ebenso von sich behaupten, dass sie diese Worte noch nie zu jemandem gesagt hatte, doch so war es nun einmal nicht. Seit sie Caradan kannte, war sie sich nicht einmal mehr sicher, ob sie Thero überhaupt je geliebt hatte. Rückwirkend betrachtet war das natürlich schwierig zu beurteilen. “Das ist das Schönste, das mir je jemand gesagt hat.” sagte sie leise, löste die Verschränkung ihrer Arme und legte vorsichtig ihre warmen Hände auf die Seine. “Ich glaube, wenn wir nur zusammen bleiben, dann finden wir einen Weg.” Er klang unsicher, aber Aen nickte zuversichtlich und blickte ihm fest in die Augen. “Das werden wir, Caradan. Wir werden zusammenbleiben, weil wir zusammengehören, und wir werden einen Weg finden. Mach dir keine Sorgen.” Etwas rührte an ihrem Herz. Sie verspürte das Bedürfnis, ihn beschützen zu wollen, vor allem Unbill auf dieser Welt, vor jedem Schmerz, sei er noch so groß oder klein, ihn mit Liebe und Zuneigung zu überschütten, und ihm jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Sie drückte ihre Hände über seiner zusammen, und wiederholte ihre Worte, so, als müsse sie sich dies selbst einreden. “Mach dir keine Sorgen..”
Später schlenderten sie über den Markt, auf dem Weg zum Hafen. Caradan hatte einen hervorragenden Vorschlag gemacht; das hiesige Badehaus aufzusuchen. Die Arcanierin freute sich darauf. Sie liebte es einfach, zu baden, und im Winter, an solchen eiskalten Tagen, umso mehr. Sie freute sich auf die gemeinsame Zeit, die sie miteinander verbringen würden. Am Wochenmarkt von Lanyamere gab es so viel zu bestaunen. Fahrende Händler, fahrende Küchen, ansässige Händler und Kaufleute. Lanyamere war der Umschlagplatz von Waren aller Art aus aller Welt. Man munkelte, dass es hier sogar Sklaven zu erstehen gab. Aen grub ihre Finger zwischen die von Caradans linker Hand, und wann immer sie irgendwo stehen blieb, konnte sie ihn auf diese Art und Weise noch besser zum stehenbleiben bewegen. Sie ertappte sich dabei, dass sie bei Schmuckständen stehen blieb und sich heimlich fragte, warum Caradan ihr eigentlich nichts schenkte, wie etwa einen kleinen goldenen Ring. Wenn er sie doch so liebte, wie er sagte… Aen war einfach ein Mensch, der solche Gesten mochte. Sie liebte Geschenke, sie liebte vollste Aufmerksamkeit und wenn sich alles um sie drehte. Und es war ja nicht so, dass sie sich selbst nichts kaufen konnte. Sie fand sich ohnehin zu schmucklos. Sie besaß weder eine Kette, noch einen Anhänger, noch einen Ring, noch eine Brosche, noch eine Fibel die nicht aus schlichtem Eisen bestand. Aen fand aber auch, dass ihre Beziehung zueinander schon viel zu kompliziert und vorbelastet war, als dass sie dieses Thema auch noch zur Sprache bringen würde. Bei einem fahrenden Bäcker kaufte sie sich ein dunkles süßes Gerstenbrötchen, welches intensiv mit Zimt gewürzt, und obendrein noch in Sirup getränkt war. Es war widerlich klebrig, aber, bei Idalia, war es köstlich! “Da! Das musst du probieren!” rief sie begeistert und schob Caradan direkt und ungefragt ein Stückchen in den Mund. Den Rest der kleinen Köstlichkeit verschlang sie in drei großen Bissen, und leckte sich hernach noch die Finger ab. Beinahe zog sie in Erwägung, noch einmal zurück zu gehen, und sich noch ein solches Brötchen zu kaufen, aber vermutlich würde ihr dann schlecht werden, daher ließ sie es dann doch bleiben…
Aen tat es Caradan im heissen Wasser gleich, in dem sie wohlig aufseufzte. Eine leichte Gänsehaut fuhr über ihren Körper, die jedoch bald verschwand, als sie sich an die Temperatur des Wassers gewöhnt hatte. Es war schon ein paar Tage her, seit sie das letzte Bad genommen hatten. Eine Weile ließ sie sich, am Beckenrand mit den Armen schwerelos vom Wasser tragen, mit geschlossenen Augen, ihrem eigenen Atem, und dem Plätschern des Wasser, lauschend. Aber dann spürte sie Caradans Hand, wie sie wie beiläufig ihr Bein berührte, hoch wanderte, sodass man nicht mehr von beiläufig sprechen konnte, und dann wahrhaft gezielt das Ziel zwischen ihren Beine fand. Aen seufzte leise auf, und richtete sich nun auf. Seine Hände fuhren über ihre Schultern und Rücken, umfingen sie und zogen sie an sich heran. Lippen fanden Lippen, verschmolzen zu einem Kuss, Aens Hände gingen ebenfalls auf Wanderschaft zum Objekt ihrer Begierde, umfassten es, massierten es, während sie vor Lust und Verlangen zum schnurren begann. “Ich könnte hier ewig mit dir bleiben.” raunte er, während er ihr einen tiefen Blick schenkte. “Mir geht es genauso…” hauchte Aen. “Bis meine Eier aussehen wie Korinthen…” Aen kicherte, und nahm besagtes Körperteil prüfend in ihre Hand und wog es im Wasser auf und ab. “Scheint noch alles in Ordnung damit zu sein…” meinte sie. “Wenn du den Winter hier in Lanyamere bleiben willst, bleiben wir. Und im Frühling sehen wir dann, wohin uns der Wind weht.” Sie nickte zustimmend, während sie in Gedanken längst woanders war , umfing seine Hüften und zog ihn an die ihren heran. Sie spürte sein hartes Gemächt an ihrer Scham und ihr entfuhr ein lüsternes Stöhnen. “Gehen wir da rüber…” flüsterte sie, und ließ sich von ihm durch das Wasser in eine dünklere Ecke tragen, wo sie ein wenig ungestörter waren. Im Wasser war es ein Leichtes, ihn mit ihren Beinen zu umschlingen, seinen Hals zu liebkosen, und ihn durch eine kleine Bewegung ihres Beckens in sich gleiten zu lassen. Sie blickte ihm tief in die Augen, als er in sie eindrang und ein leises Seufzen entkam ihr. Das Wasser wurde sacht aufgewühlt unter seinen Bewegungen. Sie bekam einfach nicht genug von diesem Mann! Es war immer noch Morgen und sie liebten sich bereits zum zweiten Mal. Wenn sie an diesem Tag nichts mehr weiter vor hätten, dann würde sie wohl in der Schenke gleich nochmal über ihr herfallen. Und dann war erst Mittag… Wie konnte er nur Zweifel an ihr hegen? Es lief doch wunderbar zwischen ihnen! Sie verstanden sich mit, aber auch ohne Worte. Spürte er nicht, was sie für ihn empfand? Ging ihm das nicht in den Kopf? Das lüsterne Treiben fand ein jähes Ende, als plötzlich ein Badeknecht am Beckenrand stand und ihnen Einhalt gebot. Da half kein Protestieren, dass es in der untersten Schicht noch toller zugehen mochte, und dass sie wohl kaum die Einzigen wären, die das je getan hatten und täten. Er forderte sie auf, das Becken zu verlassen, sich anzukleiden, ihre Sachen zu packen. Wenig später fanden sie sich wieder auf der kalten Straße wieder. Ein wenig missmutig, gestört und rausgeworfen worden zu sein, aber dennoch war Aenaeris amüsiert. Da es ohnehin so kalt war, beschlossen die beiden, zurück in die Schenke zu gehen, selbst dieses kurze Bad hatte die Arcanierin müde gemacht, so dass sie nichts gegen einen kleinen Mittagsschlaf hatte. Im Gegensatz zu Caradan, stutzte sie nicht, als ein Mann sie mit seiner Stimme aufhielt. Woher sollte sie schließlich auch wissen, dass das etwas ungewöhnliches sein sollte? Immerhin war Lanyamere Caradans Heimatstadt, und dass er hier Leute kannte, war nicht weiter ungewöhnlich. Doch Caradans Reaktion war ungewöhnlich, so dass die junge Frau die im Laufe der Zeit gelernt hatte, bei der kleinsten ungewöhnlichen Reaktion ihrer Gefährten in Alarmbereitschaft zu sein, unwillkürlich den Atem anhielt und sich ebenso umwandte. “Mein Dienstherr wünscht eine Unterredung.” sprach er und wies auf die auffällige schwarze Kutsche die sie vorhin schon bemerkt hatte, denn so eine Kutsche war in der Tat etwas höchst außergewöhnliches. Caradan stieg nach einer kurzen Weile schließlich in die Kutsche und Aen folgte ihm und setzte sich neben ihm hin. In einer anderen Situation wäre sie sicherlich aufgeregt gewesen, da sie noch nie in einer Kutsche gesessen hatte, aber jetzt war sie eher angespannt, da Caradan augenscheinlich ebenso ahnungslos war wie sie. Ihr Gegenüber sorgte auch nicht unbedingt für eine heimelige Atmosphäre. Kurz und gut… eine unangenehme Diskussion mit vielen unterschwelligen Drohungen folgte, und dann schließlich eine Überraschung. Schon wieder sollten sie den Kerl aus den Fängen der Inquisition befreien. Am meisten überraschend war das Netz, das sich in dieser Stadt zu spannen schien. Nur weil sie bei Remus gewesen waren, nur weil Caradan das Bordell aufgesucht hatte, hing ihnen jetzt noch die Inquisition an der Backe. Und wer über die Inquisition Bescheid wusste, der wusste, dass man sie nicht mehr losward, wenn sie einen einmal im Visier hatte.
“Ihr solltet Euch an Euren Liebhaber halten, Liebes. Er weiß wie großzügig die Inquisition sein kann.” ließ er sie noch wissen, bevor sie aus der Kutsche steigen konnte. “Mir ist nichts an Reichtum gelegen, ich will nur ins Bett mit ihm…” entgegnete Aen auf diese Worte frech, und nicht weniger barsch. Als ob sie es nötig hätte! Der Kerl hielt ihre Hand fest und drehte die junge Frau ein wenig hin und her. “Ach so? Aber wie man deutlich sehen kann, an kostbaren Stoffen und Geschmeide ist Euch gelegen. Um das, was darinnen steckt, ein wenig aufzupolieren, ist es nicht so? Sonst würdet ihr wohl kaum Kleider tragen, deren Farben, Schnitt und Material für euren geringen Stand mehr als nur unpassend sind. Aber wie ich bereits sagte, die Inquisition kann sehr großzügig sein. Freifrau von Edoris. Wie klingt das?” lächelte er süffisant. “Das klingt mir, gemessen am Gefallen, nach etwas zuviel Großzügig” gab sie zurück. “Aber keinesfalls unmöglich.” “Remus kann mir ebenso ein Dokument ausstellen, auf dem ‘Freifrau von Hier und da’ steht, und der Preis dafür ist weitaus geringer.” “Und gibt Euch Remus auch ein leerstehendes Herrenhaus samt Wald und Flur und Bediensteten dazu?” Aen schnaubte wütend. Wütend, weil das Angebot verlockend war, und sie das durchaus interessant fand. “Jedermann weiß, dass man sich nicht mit der Inquisition einlässt.” “Falsch, mein Liebchen. Ihr habt Euch mit ihr längst eingelassen. Und jedermann weiß, dass man die Inquisition nicht fallen lässt, wenn man sich mit ihr eingelassen hat.” “Als ob ich so ein Angebot annehmen würde…” hielt sie dagegen. “Noch niemand hat so ein Angebot abgelehnt. Und jetzt geht, es zieht kalt herein…” Damit schubste er sie aus der Kutsche, sodass sie beinahe ins Stolpern kam. Die Türe wurde zugeklappt und die Kutsche setzte sich bereits in Bewegung. Eine Weile sah die junge Frau der Kutsche hinterher, die sich immer mehr entfernte und bald in der Dunkelheit der Gasse verschwand und nur das vom Schnee gedämpfte Klappern der Pferdehufe zurückließ. Dann blickte sie Caradan fragend an, denn noch immer nicht verstand sie die Zusammenhänge dieser Geschichte. “Hör nicht auf ihn. Dieser Drenndorf hat mich genau so gezwungen wie diese Fotze! Hat mir Absolution versprochen.” “Als ob…” brummte Aen zurück.
“Hier bedient euch…” bot der Hüne vom Vorabend den beiden eine Schale mit Walnüssen an. Während Caradan zugriff, schlug Aen das Angebot schweigend aus. Sie mochte keine Walnüsse. Sie waren ihr zu bitter, ließen sich nur mühsam zerkauen und hinterließen zwischen den Zähnen stets einen bitteren, krümeligen Brei. Da sie von Caradans Machenschaften, die er ihr noch nicht erklärt hatte, immer noch keine Ahnung hatte, schwieg sie, und überließ Caradan das Reden. Es war nur ein kurzes Gespräch, bevor er sie wieder auf die Straße scheuchte. Die Bedingungen klangen nicht besonders vielversprechend. Es gab nur eine Möglichkeit. Nicht versagen. Der Kerl aus der Kutsche hatte das klar gemacht. Versagen bedeutete, ihn zum Feind zu haben. Und wer auch immer er war, er gehörte zur Inquisition. Diesen Magi, so hatte er sich vorgestellt, würde sie umbringen, wenn es nicht nach seinen Wünschen lief. Ha! Das sagte er nur, weil er sie beide nicht kannte. Weil er Aen nicht kannte. Er hatte keine Ahnung, wer oder was sie war. Was sie besaß! Sie besaß nur nicht mehr viele Kugeln. Aber das war kein Problem, die konnte sie sich bei einem Schmied geradezu für lau gießen lassen. Von so einem Kerl würde sie sich ganz bestimmt nicht umbringen lassen! “Ich hab da ein ganz mieses Gefühl” brach Caradan das Schweigen, dann lächelte er sie unerwarteter Weise an. “Da dachte ich, ich hab endlich alles Glück der Welt im Schoße liegen, da passiert sowas.” Aen zuckte ungerührt die Schultern. “Du machst dir zuviele Gedanken, und zuviele Sorgen. Wenn es nicht so läuft, wie es laufen soll, dann hauen wir einfach ab. Wer sollte uns denn schon aufhalten? Wer sollte es aufhalten?” Sie tätschelte das Feuerrohr an ihrem Gürtel. “Also in der Schenke sitzt ein Mann, der ein offenes Ohr für unsere Wünsche in diesem Vorhaben hat? Wieso befreit er dann nicht diesen… wie hieß er nochmal… Kerl..? Das ist typisch. Etwas wollen, aber nicht bereit sein, sich dafür die Hände schmutzig zu machen. Dafür gibt es Leute wie uns, die man damit behelligen kann… Würde mich mal sehr interessieren, wer der Kerl ist, dass die da alle so einen Aufriss drum machen… das Geld keine Rolle spielt... Und ich persönlich bin ja kin Freund von Überfällen im Dunkel der Nacht. Das ist etwas für Feiglinge. Und Idioten. Nun ja, sei es wie es sei… lass uns zurück zur Schenke gehen.
Wenig später saßen sie wieder in ihrer Schenke, auf der Bank neben der Feuerstelle. Aen hatte sich ihr, vom Badehaus immer noch nasses Haar, aufgelöst, und ließ es, über ihre Schultern und den Rücken wallend, trocknen, während sie ihre Stiefel abgestreift hatte, und es sich mit ihren Füßen auf Caradans Knien bequem gemacht hatte, und sich von ihm die nackten, kalten Waden streicheln ließ. In ihrem Schoß ruhten ihre Hände, die einen Humpen warmen Stachelbier hielten. Sie blickte sich um, um den Kerl zu entdecken, den zu ihrer Seite stellen man ihnen versprochen hatte. Ganz hinten im Schankraum saß ein Kerl, der sie beobachtete, aber wie oft traf man in Gasthäusern auf zwielichtige Gestalten, die einen anglotzten? Aen konnte ihn in der dunklen Ecke nicht erkennen, sah lediglich das Funkeln der Augen, in welchen sich die Flammen der Talglichter spiegelten, doch sie begann den Kerl nicht minder zu beobachten, um ihn vielleicht dazu zu bringen, seinen Arsch zu erheben und zu ihnen rüber zu tragen. Und wirklich, als hätte er ihre Gedanken gelesen, erhob er sich, und steuerte auf sie zu. Aen musste den Kopf in den Nacken legen, als er vor ihnen stand. Ein großer, breiter blonder Hüne mit blitzblauen Augen. Würde er sich einen Vollbart wachsen lassen, dann hätte sie denken können, dass Thero vor ihr stand. So ähnlich hatte er wohl ausgesehen, als seine Augen von dem Fluch noch nicht raubtierhaft verfärbt gewesen waren. Er musterte die beiden lange und ausgiebig. “Also ihr seid die Beiden, von denen Magi mir erzählt hat?” Aen nickte mit dem Kopf und er ließ sich auf der Bank neben ihr nieder, dass diese erzitterte. “Ihr seht mir nicht so aus. Was hat sich Lepos nur dabei gedacht?” Dann streckte er ihnen mit einer schwungvollen, beherzten Geste die Hand entgegen und schüttelte ihnen die Hände. Ein echter Knochenbrecher. “Ich bin Theobald. Aber den Namen kann ich nicht leiden, also Theo. Und ihr seid…?” “Aen…” stellte sich die junge Frau vor. Innerlich fühlte sie sich ein wenig angespannt, und sie wagte es nicht, Caradan anzusehen. Ob er dasselbe dachte, wie sie, ohne zu wissen, wie Thero aussah? Sie versuchte sich, nichts anmerken zu lassen und begann ein belangloses Gespräch “Also du bist jener, der uns tatkräftig zur Seite steht, ja?” Er nickte und hob die Hand um den Wirten auf sich aufmerksam zu machen. “Joh, das bin ich wohl.” “und du kannst uns auch mehr erzählen, was wir wissen müssen? Denn das ist bisher nicht so viel…” gab sie zu. “Was müsst ihr denn wissen?” “Nun” dämpfte sie ihre Stimme zum Schutz vor unerwünschten Zuhörern, “...wir sollen uns auf die Lauer legen an der Weststraße raus aus Lanyamere. Und dass diese Verlegung in der Nacht stattfinden soll. Und das ist auch schon alles. Wie jedermann weiß, beginnt die Nacht etwa zur achten, neunten, zehnten Stunde nach Mittag? Und dauert dann… hmm… bis zur dritten, vierten Stunde nach Mitternacht?” “Joh, so könnte man das wohl sagen.” “Nun, dann wirst du vielleicht merken, dass das ein ziemlich großes Zeitfenster ist. Dann wäre es auch noch interessant zu wissen, wie schwer bewacht diese Überstellung sein wird.” “Das kann ich nicht sagen. Ich kann auch nicht sagen, wann diese Verlegung vonstatten geht.” Aen runzelte die Brauen “Das ist nicht sehr hilfreich, weisst du?” “Joh, aber sieh es mal so. Kaum jemand wird bei diesen Wetterbedingungen nach Einbruch der Dunkelheit die Stadt verlassen…” Der Wirt trat an die drei heran und Theo bestellte sich ein Bier. Dann sprach er weiter “Also so gesehen könnt ihr davon ausgehen, dass wenn sich dann mal ein Wagen erblicken lässt, es dieser Wagen sein müsste.” Er grinste, doch Aen war nicht nach lachen zumute. “Gut, ich fasse dann mal zusammen. Wir müssen uns bei dieser Arschkälte in der Pampa auf die Lauer legen, warten warten warten, das selbstverständlich ohne wärmendes Feuer, und wenn wir dann kältestarr, klamm, blau gefroren sind, müssen wir einen Wagen überfallen, eine nicht bekannte Anzahl an Männern überwältigen um einen Kerl zu befreien. Seh ich das richtig so?” Er grinste erneut, tat das aber so charmant, dass sie ihm kaum böse sein konnte. “Das klingt so in etwa richtig.” Sie schnaubte aus “Das ist Scheisse. Es gibt doch sicher bessere Wege. Und warum wir? Es wird da wohl bessere Haudegen für geben. Du sagst doch selbst, wir sehen nicht so aus. Ist das nicht ein Risiko für euch?” “Ich habe eine Ahnung, was sich Lepos dabei denkt” Dann hüstelte er und Aen hob eine Augenbraue “Lepos also? Lepos wer?” “Scht! Das is mir rausgerutscht!” “Zum zweiten Male…” erinnerte ihn Aen und hob einen Zeigefinger in sein Gesicht.” “Achso? Is mir nicht aufgefallen” grinste er und kratzte sich am Hinterkopf. Der Wrt brachte sein Bier und Theo nahm es entgegen und trank direkt die Hälfte weg. Dann wischte er sich den Schaum von der Oberlippe. “Aber ich sag mal so. Wenn ihr plaudert, dass ich mich verplaudert habe, wäre das nicht gut für euch.” Aen winkte ab “Jaja, dann bringst du uns um, das haben wir nun schon zur Genüge gehört. Das macht mir keine Angst” “Das sollte es aber. Denkt ihr die Inquisition macht kurzen Prozess? Das wäre dann wohl ein langes qualvolles Sterben… Und ich meine, es wäre ja wirklich schade. Um ihn nicht so…” nickte er in Caradans Richtung “Aber du, du bist ein hübsches Ding. Gefällst mir. Ich würde dich nur ungerne zur Inqusition schleifen” Aen zuckte die Schultern “Dann tus einfach nicht.” Er seufzte “Ein Mann muss manchmal tun, was er nicht tun will.” “Vermutlich…” murmelte Aen.
Nach einer Weile des Schweigens nahm Aen ihre Beine von Caradans Knien und erhob sich. Dieser Kerl war nicht einmal annähernd nützlich. “Wir werden uns jetzt mal vorbereiten” erklärte sie und nahm Caradan bei der Hand, um in ihr Zimmer zu gehen. Dort angelangt, suchte sie sich alles mögliche zusammen, was wärmen würde. Fellstreifen, mit denen sie sich die Stiefel ausstopfen würde, Wollbeinlinge, Ein Fuchsfell für Nacken und Hals, und den warmen Wollmantel. Als sie das alles beisammen hatte, wandte sie sich an Caradan. “Das wird kein Spaziergang werden. Es wäre alles leichter, wenn wir nicht in Arcanis wären, und nicht die Inquisition im Nacken hätten.” Dann könnte sie das Feuerrohr ohne Bedenken benutzen. Aber die verrückten Arcanier durften um keinen Fall von dieser Wunderwaffe Kenntnis erhalten. Schließlich umfing sie seine Hüfte und meinte “Bei solchen Angelegenheiten kann eine Menge schief gehen. Das wissen wir wohl beide. Ich wünschte, wir müssten das nicht tun. Mir wäre lieber, wir würden so wie du gesagt hast, den Winter hier in Lanyamere aussitzen und dann im Frühjahr sehen, wohin es uns treibt. So oder so wird das alles ändern, egal wie es ausgeht.” Sie gab ihm einen sanften Kuss, dann legte sie den Kopf schief. “Lass uns hier beenden, was wir im Badehaus begonnen haben. Wenigstens das noch…”
Als die Dunkelheit hereingebrochen war, waren sie bereit. Sie verließen die Schenke und liefen durch die Stadt gen Westen, wo sich ebenso die besagte Straße befand. Sie schätzten ungefähr die beste Entfernung zur Stadt. Hier wuchsen viele Hecken, die schneebedeckt waren, doch die Hecken brachten keinen rechten Nutzen. Man konnte sich zwar dahinter verstecken, doch sich im Stockdunklen hinter einer Hecke zu verstecken, war ebenso nützlich und sinnvoll wie zu versuchen, ein Inferno mit seinem Atem ersticken zu wollen. Ein wenig abseits der Straße bauten sie sich aus dem Schnee eine kleine dicke Mauer, die wohl als Sichtschutz fungieren konnte, in erster Linie aber dazu da war sich dagegen zu lehnen, um ein wenig ‘bequemer’ abzuwarten. Der dicht wolkenverhangene Himmel ließ keinen Schimmer Mondlicht durch, und der Schnee dämpfte jedwedes Geräusch, als wäre die Welt in Watte gepackt. Sie saßen einfach nur da in der Dunkelheit, aneinander gelehnt, Caradan hatte seinen Arm um sie gelegt und Aen lauschte ihrem Atem. Ab und zu sprachen sie miteinander, über die ungefähre Vorgehensweise, aber so wirklich auf einen grünen Zweig kamen sie nicht. So war das mit Aufträgen über die man keine wirklichen Informationen hatte. “Wenn ich das hier überlebe, dann schwöre ich, finde ich alles über diesen Lepos heraus.” grollte die Arcanierin, und rieb sich mit den Händen über ihre Arme. Es waren gefühlte Stunden vergangen, und so warm konnte man sich gar nicht einkleiden, dass man nicht doch irgendwann zu frieren begann, weil einem die Kälte hinterhältig in die Gebeine kroch. Aen war müde, nickte an Caradas Schulter ein, und wäre wohl in dieser Scheisskälte erfroren, wenn er sich nicht mit einem plötzlichen Ruck bewegte. “Ich höre etwas!” zischte er und die Arcanierin war mit einem Mal schlagartig wach und sprang auf. In der Dunkelheit war von weitem ein Lichtpunkt zu erkennen, der langsam näher kam....
"Ihre Natur ist Feuer und Blut..."